Verein oder kommerzielle Flugschule ?!

Hat sich diese Frage nicht jeder Privatpilot schon einmal gestellt ?
Lange bevor wir - Alex und Tim uns kannten, haben wir uns auch diese Frage gestellt. Und unser Werdegang hätte unterschiedlicher nicht ablaufen können.

Während Alex sich für einen Verein entschied, suchte Tim sich eine kommerzielle Flugschule. Beide wurden fündig - beide bereuten ihre Entscheidung Monate später und wechselten. Alex vom Verein zur kommerziellen Flugschule, Tim von der Flugschule in den Verein - und dass sich hier unsere Wege nur knapp verpasst haben, war wohl dem Zufall geschuldet, denn Alex hat einen Schulungsvertrag bei der Flugschule unterschrieben, die Tim nur kurze Zeit vorher enttäuscht verlassen hatte, um sich einem Flugverein anzuschließen.

Fangen wir von vorne an.


Die erste Flugstunde ! In einer Nagelneuen, vollausgestatteten Maschine
Die erste Flugstunde ! In einer Nagelneuen, vollausgestatteten Maschine

Frühjahr 2021 und Corona hat die Welt fest im Griff. Tim entscheidet sich der Langeweile entgegen zu wirken. Was darf´s denn sein ? Bootsführerschein, Jagdschein Angelschein ? Am Ende wird sich für den Flugschein entschieden. Und da der ja auch möglichst schnell im Briefkasten liegen soll, wird sich für eine kommerzielle Flugschule im Großraum Bremen entschieden, liest man im Internet ja schließlich, das es dort wesentlich schneller gehen soll als im Verein.
Die Anmeldung und alle Modalitäten liefen professionell, super schnell und Problemlos ab. Medical und BZF waren schnell eingetütet. Die Theorie war im vollen Gange und konnte im November mit sehr guten Ergebnissen abgeschlossen werden - Dank des sehr guten Theorieunterrichts an der Flugschule.

 

Aber fehlt da nicht etwas ?!

Innerhalb eines halben Jahres ist alles erledigt, was in Tim´s Macht steht, nur die Flugstunden lassen auf sich warten.
Und dass ist nicht untertrieben. In einem Jahr wurden grade einmal 10h absolviert. Obwohl Tim zeitlich sehr flexibel war.
Hier kommt aber der vielleicht größte Nachteil einer großen Flugschule. Die Auslastung der Flugzeuge ist extrem. Teilweise liegen keine 15min zwischen den gebuchten Slots. Auf 6 Flieger kamen 60 Flugschüler und natürlich eine noch größere Anzahl an Charterkunden.
Die Flugschulen müssen Geld verdienen, die Flugzeuge müssen jede freie Minute in der Luft sein - und dass hat man leider auch sehr zu spüren bekommen.

 

FERTIG! Der Prüfungsflug ist abgeschlossen und die Lizenz endlich in der Tasche, ein Foto mit Fluglehrer Günter darf da natürlich nicht fehlen.
FERTIG! Der Prüfungsflug ist abgeschlossen und die Lizenz endlich in der Tasche, ein Foto mit Fluglehrer Günter darf da natürlich nicht fehlen.

Tim wechselte also in den Aeroclub, fast vor der eigenen Haustür, die fehlenden 35h konnten hier in 3 Monaten abgeflogen werden und so lag die Lizenz pünktlich zum Sommer im Briefkasten. Bei zwei Vereinsflugzeugen ist meistens immer ein Flieger frei und so konnten die Flugstunden super schnell aufgebaut werden.

Joshua hat seine Ausbildung von Anfang an im Aeroclub gemacht und war dementsprechend in unter einem Jahr mit der Ausbildung durch.

Es kann aber auch andersrum laufen - und dass hat Alex erlebt.

Im Frühjahr 2018 fährt Alex im Norden Bayerns mit dem Auto nach Hause, nichts ahnend das die Straße geradewegs an dem Endanflug eines benachbarten Flugplatzes entlangführt. Im nächsten Moment setzt ein Kleinflugzeug zum Landeanflug an, gerade noch knapp über dem Auto entlanggeflogen setzt der Flieger auf der Piste des kleinen Flugplatzes auf.

Und schon ist es passiert - der Fliegervirus hat zugeschlagen. Alex dreht an der nächsten Einfahrt um und schaut sich das Treiben auf dem Flugplatz mal genauer an. Nach ein paar Gesprächen und einem kalten Getränk ist klar, die Pilotenlizenz muss her.
Nach Anmeldung bei einem örtlichen Verein, etwas Stress beim Augenarzt (hierauf gehen wir im nächsten Blogpost genauer ein) und Erledigung aller weiteren Bürokratischen Hürden, kann auch schon mit den Flugstunden begonnen werden.

 

Mit der Vereinseigenen C152 werden Platzrunden auf der kurzen Graspiste geschrubbt, im Oktober des gleichen Jahres war es auch schon so weit und der erste Soloflug konnte absolviert werden. In der Zwischenzeit konnten auch Theorie und BZF abgelegt werden.

 

Alex bei seinem ersten Solo, im Klassiker C152
Alex bei seinem ersten Solo, im Klassiker C152

Was fehlt noch ? Die Praxisprüfung!! Doch es vergehen weitere 2 Jahre, über 30h Flugzeit und die Praxisprüfung ist noch lange nicht in Sicht. Die Ausbildung zieht sich durch immer längere Flugpausen aufgrund schlechtem Zustand der Graspiste nach langen Regenfällen in die Länge.
So lang, dass Alex sich im Zuge eines Umzugs nach Norddeutschland auch gleichzeitig entscheidet, zu einer großen Flugschule zu wechseln.
Und nun geht es plötzlich ganz schnell. Durch die Ausarbeitung eines ausgeklügelten Konzepts zusammen mit dem Fluglehrer werden die fehlenden Praxisstunden in 3 Monaten abgearbeitet und die Prüfung erfolgreich abgelegt.

 

Nach etwas weniger als 3 Jahren kann Alex sich nun endlich Privatpilot nennen.


Wie man sieht, gibt es bei der Entscheidung zwischen Flugschule und Verein kein Richtig oder Falsch. Man muss sich einfach mit seiner Entscheidung identifizieren können. Man muss einen Fluglehrer zugewiesen bekommen, mit dem man auf einer Wellenlänge schwimmt. Man verbringt die nächsten 12 Monate immerhin viel Zeit miteinander und baut eine persönliche Bindung auf.
Was bringt es, wenn der Fluglehrer immer Spätschicht arbeitet, und der Schüler immer Frühschicht? Es kommt also auch auf die zeitliche Verfügbarkeit an, die beide Parteien aufbringen können.

Bei der Entscheidung spielen natürlich auch die Infrastrukturellen Aspekte eine große Rolle. Hat der gewünschte Flugplatz eine Graspiste, muss man damit rechnen das mehrere Wochen oder gar Monate kein Flugbetrieb möglich ist.

Abschließend kann man nur sagen, guckt euch euren zukünftigen Verein oder die Flugschule genau an. Fahrt vorbei und beobachtet das Geschehen, auch ein paar Gespräche am Flugplatz lassen tief blicken. Am Ende gibt es nicht die einzig wahre Lösung. Man muss Kompromisse eingehen und die für sich beste Lösung finden. 

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